Kundenorientierung im Vertriebskanal Internet bei Banken und Versicherungen

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Auf der Grundlage eines quantitativen Bench­markings wurden 69 Websites verglichen, um Bestleistungen ausfindig zu machen. bankenversicherungen.de zeigt, wie die Anbieter in den Bereichen Geldanlage, Girokonto, Immobilien­finanzierung, Konsumentenkredit, Benutzer­freund­­lichkeit und Möglichkeiten der Kontaktaufnahme aufgestellt sind.

Geldanlage

Im Themenbereich Geldanlage beschränken sich Banken und Versicherungen nach unseren Untersuchungen weitgehend auf die Darstellung von Anlageprodukten auf ihren Websites. Die Produktpräsentationen sind im Wesent­lichen werblich gestaltet und stellen die Vorteile des Anlageprodukts in den Vordergrund. Somit wird das Internet vor allem als Erweiterung des Vertriebskanals Filiale bzw. mobiler Vertrieb genutzt. Damit reagieren die Anbieter auf die inzwischen weit verbreitete Erwartungs­haltung der Kunden, sich im Vorfeld eines möglichen Beratungsgesprächs im Internet informieren zu können. Direktbanken bieten in der Regel die um­fassendsten Informationen und ermöglichen auch den sofortigen Produktkauf. Das Angebot ist dabei jedoch häufig auf wenige einfache Standardprodukte beschränkt. Unabhängig davon bieten Banken ihren Kunden die Möglichkeit, über Brokerage-Dienstleistungen börsen­gehandelte Anlageprodukte zu erwerben. Versicherungen verkaufen Geldanlageprodukte in der Regel nicht im Internet.

Nur ganz wenige Anbieter gehen soweit, das Internet als echten Vertriebskanal für Geldanlageprodukte zu nutzen. Um einen vollständigen Vertriebsprozess sauber im Internet abzubilden, muss neben Information und Transaktion die Beratung des Nutzers treten. Nur 9 % der untersuchten Institute fragen dazu in einem ersten Schritt die Risikoneigung und den Renditewunsch des Nutzers ab. Die Abfrage von Lebenssituation und Liquiditätsbedarf wird von noch weniger Anbietern vorgenommen. Eine umfassende Beratung scheitert also schon im Ansatz. Immerhin analysieren einige Anbieter (grob) das bestehende Anlageportfolio des Nutzers und geben produktneutrale Empfehlungen zur Umschichtung nach Anlageklassen (9 %). Manche Institute bieten statt oder in Ergänzung zur Online-Beratung eine Kontaktmöglichkeit zu Geldanlageexperten per Telefon (gut 20 %) oder per Mail (15 %) an.

Etwas besser sieht es mit den Hinweisen zur staatlichen Förderung der Altersvorsorge aus. Fast die Hälfte der untersuchten Unternehmen bietet ausführliche Informa­tionen zur Riester-Rente inklusive Zahlenbeispiel (47 %), ein Viertel auch zur Rürup-Rente (24 %). Ein Förderrechner für die Riester- oder Rürup-Rente wird ebenfalls von einem Viertel der Anbieter bereitgestellt.

Die Gesamtergebnisse hinsichtlich der Erfüllung des auf unseren Kriterien basierenden Anforderungsniveaus bei der Geldanlage zeigt nachfolgende Grafik (anklickbar). Angegeben ist jeweils die Spannweite der Erfüllung mit Minimal-, Maximal- und Mittelwert sowie der Institutstyp des besten Anbieters (Benchmark).Benchmarking-2010

Girokonto

Die Werbung vieler Banken suggeriert, dass die Dienstleistung Zahlungsverkehr kostenlos ist. Dement­sprechend groß fällt die Erwartungshaltung der Kunden aus – sie denken beim Girokonto vor allem an ein Gratiskonto. Umso verwunderlicher ist, dass nur 19 % der untersuchten Banken tatsächlich ein Gratiskonto ohne in Fußnoten versteckte Kosten oder stark limitierende Bedingungen („Sternchenkonditionen“) anbieten. Liest man hingegen nicht nur die Überschriften, sondern etwas ausführlicher auch die Details der Produktinformation, so lässt sich feststellen, dass bei knapp drei Viertel der Anbieter die Konditionsdarstellung als erfreulich klar und einfach bewertet werden kann (74 %). Immerhin bei einem Viertel der Anbieter wird das Geld des Kunden auf dem Girokonto verzinst (26 %), bei einem Anbieter sogar Guthaben auf dem Kreditkartenkonto.

Nur 52 % der Anbieter verknüpfen die Darstellung des Dispositionskredits mit der Produktpräsentation des Girokontos, obwohl viele Kunden diese Verbindung gedanklich vornehmen. Für die anderen Anbieter ist der Dispositionskredit ein eigenständiges Produkt, das an anderer Stelle gesondert präsentiert wird. Das zeigt, dass Banken und Kunden häufig unterschiedliche gedankliche Strukturierungen vornehmen.

Fast 20 % der Anbieter ermöglichen das kostenlose Geldabheben mit der Kreditkarte. Dies sind vor allem Direktbanken, die ihren Kunden eine ähnlich gute Bargeldversorgung anbieten möchten, wie große Filialbanken oder Sparkassen.

Bei fast 63 % der Banken können Kunden ihr neues Girokonto direkt online eröffnen. Darunter verstehen wir, dass alle für die Kontoeinrichtung notwendigen Daten online abgefragt werden. Die Kontoeröffnung ist dann aber nicht ohne Legitimation möglich – Neukunden müssen also ihren Ausweis vorzeigen. Dies wird heute von Direktbanken in der Regel mit Hilfe des Postident-Verfahrens gelöst.  Dazu muss der Kunde mit einem direkt aus dem Online-Abschlussprozess erzeugten Dokument sowie seinem Ausweis eine Postfiliale aufsuchen. Die Post leitet das Dokument mit einem Bestätigungsvermerk an die Bank weiter.

Sobald Kunden ihr Girokonto online nutzen möchten, muss die Bank umfassende und sichere Online-Banking-Möglich­keiten zur Verfügung stellen. Diese sollten für Kunden bequem erreichbar sein, da der Zahlungsverkehr aus Kundensicht noch immer eine Hauptleistung der Banken darstellt. Erfreuliche 67 % der Institute bieten dazu eine Login-Möglichkeit direkt auf der Startseite ihrer Internetpräsenz. Allerdings gelingt es dann nur den Kunden von knapp 30 % der Anbieter, ihren Kontoauszug – die wichtigste Information im Online-Banking – mit einem Klick zu erreichen.

Immobilienfinanzierung

Immobilienfinanzierung ist auch im Internet möglich. Dies beweisen Konditionenvergleichsportale, die Immobilien­finanzierungen bis hin zum Vertragsabschluss vermitteln. Der Vorteil ist, dass Fragen zur Bonitätsbeurteilung nur einmal beantwortet und entsprechende Dokumente nur einmal zusammengestellt werden müssen. Die Kredit­anfrage wird dann vom Vermittler an eine Vielzahl von Anbietern weitergeleitet – mit dem kompletten Unterlagensatz. Kunden erhalten so durchaus einen guten Marktüberblick und können eine Immobilienfinanzierung abschließen, ohne dabei eine Bank von innen zu sehen. Daher überrascht es schon, dass Banken selbst sehr zurückhaltend mit dem Online-Abschluss von Immobilienfinanzierungen sind – nur 10 % bieten eine direkte Abschlussmöglichkeit an. Die Konditionen­darstellung ist hingegen gut: 73 % der Anbieter nennen Nominal- und Effektivzins, aber nur bei 43 % werden die Konditionen auch direkt auf der Produktseite genannt und müssen nicht umständlich z. B. im Preisverzeichnis gesucht werden. Bei 37 % der Angebote sind alle Konditionen klar und gut verständlich.

Gerade der Produktbereich Immobilienfinanzierung zeigt das Potenzial des Internets für die Verbesserung der Servicebereitschaft der Finanzdienstleistungsunter­nehmen. Banken können ihren Kunden und potenziellen Kunden zusätzliche Serviceleistungen bieten und dadurch ihre Produktkompetenz unterstreichen. In der Anbahn­ungs­phase – also der Zeit vor dem Abschluss des Finanzier­ungs­vertrags – sind dies z. B. Mietvergleichs­rechner oder Tilgungsplanrechner. Mietvergleichsrechner stellen die Finanzierung einer Mietwohnung der einer Eigentumswohnung oder eines Eigenheims gegenüber, präsentieren also Ausgangs- und mögliche Zielsituation des Kunden. Tilgungsplanrechner zeigen anschaulich, wie der aufgenommene Kreditbetrag über die Jahre zurückgeführt wird. Sie listen monatliche Zahlungen, Zinsanteil, Tilgungsanteil und Restschuld auf. 57 % der Anbieter stellen solche Rechner zur Verfügung. Für die Phase nach Vertragsabschluss wäre z. B. ein Liquiditäts­rechner eine gute Serviceleistung für den Kunden. Damit kann dieser bei seinem Bauprojekt Zahlungsabrufe von der Bank und Abschlagszahlungen an den Bauunter­nehmer aufeinander abstimmen. Leider war ein solcher Rechner nirgends zu finden.

Ausführliche Informationen zu staatlicher Förderung – also z. B. zur Förderung von Brennwertgeräten oder Solarzellen – finden sich nur bei 27 % der Banken; nur ein Drittel nennt begünstigte Personengruppen. 43 % bieten einen Link zur Förderdatenbank des Bundes oder zur KfW und geben damit zumindest den Hinweis auf das Vorhandensein staatlicher Förderung. 20 % berechnen ein Modellbeispiel oder stellen sogar einen Fördermittel­rechner online.

Konsumentenkredit

Nach dem Aufkommen erster einfach online abschließbarer Konsumentenkredite haben sich viele Anbieter beeilt, ihr Angebot zu verbessern. Bei über der Hälfte der Anbieter (55 %) werden Nominalzins und Effektivzins inkl. Bearbeitungs- und Abschlussgebühren genannt und sind die Konditionen klar und verständlich sowie direkt auf der Produktseite vorhanden, so dass sie nicht gesucht werden müssen. Sogar 76 % der Angebots­darstellungen verfügen über einen Tilgungsplan, der monatliche Zahlungen, Zinsanteil, Tilgungsanteil und Restschuld auflistet.

Für eine bonitätsabhängige Bepreisung des Konsu­menten­kredits werden bei gut 20 % der Anbieter Daten abgefragt. Danach wird zumindest eine Zinsspanne genannt, die dem Vertrag zugrunde gelegt wird, wenn die vom Benutzer gemachten Angaben bei der Kreditprüfung bestätigt werden können.

Die Anbieter sind insgesamt sehr abschlussorientiert: 69 % der Konsumentenkredite können direkt online abgeschlossen werden – bei Nichtkunden z. B. in Verbindung mit dem Postident-Verfahren.

Benutzerfreundlichkeit

Die Benutzerfreundlichkeit der untersuchten Banken- und Versicherungswebsites ist überwiegend gut. Besonders zufrieden können die Benutzer mit der sprachlichen Gestaltung sein. Das Medium zwingt die Anbieter offenbar zu einer sehr benutzerfreundlichen Sprache: alle Anbieter überzeugen mit kurzen, einfachen Sätzen und verzichten auf komplizierte Schachtelsätze. Auch die Wortwahl ist in der Regel lobenswert: es werden wenige Fremdwörter oder Fachausdrücke verwendet (96 %) oder – wo nötig – erklärt, ggf. durch ein Glossar (78 %). Längere Texte werden häufig in Absätze eingeteilt, ggf. mit Überschriften, Abschnittsüberschriften, Aufzählungs­zeichen oder Grafikelementen (96 %) oder Texte beginnen mit einer prägnanten Zusammenfassung (89 %).

Die obersten Ebenen der Hauptnavigation sind ebenfalls erfreulich klar und einfach: bei über 90 % der Anbieter ist eine gute Struktur erkennbar. Einzelne Seiten sind fast immer deutlich in logische Abschnitte gegliedert, lassen einen „roten Faden“ erkennen und haben einen eindeutigen und zum Inhalt passenden Titel. 81 % der Anbieter verzichten darauf, einzelne Seiten mit unnötiger Information zu überfrachten (z. B. zusätzliche, etwa animierte Werbebanner) – wobei allerdings unser Messrahmen tolerant angelegt war: ein bis zwei solcher Elemente waren erlaubt.

Das zeigt, dass an diesen Punkten in der Vergangenheit in den Marketingabteilungen und Webredaktionen verstärkt gearbeitet wurde. Aus Sicht der Kundenorientierung sind solche benutzerfreundlichen Ergebnisse sehr zu begrüßen.

Eine Suchfunktion war bei über drei Viertel der Anbieter direkt auf der Startseite vorhanden, ein Viertel bot auch eine erweiterte Suche, bei der die Suchkriterien feiner eingeschränkt werden konnten. Über die Hälfte der Suchalgorithmen machte Angaben zur Trefferrelevanz (56 %) und 78 % bezogen alle Inhalte der Website in die Suche ein, also z. B. auch PDF-Dokumente, FAQs und das Glossar. 82 % der Anbieter boten die Suche auch auf den Unterseiten an. Für die Benutzerfreundlichkeit aber auch für die Servicebereitschaft der Anbieter wird die Suchfunktion künftig eine noch bedeutendere Rolle spielen.

Möglichkeit der Kontaktaufnahme

Fast alle bisher aufgezeigten Analyseergebnisse bezogen sich auf die Kommunikationsrichtung vom Anbieter zum Kunden. In umgekehrter Richtung werden nur selten Kommunikationskanäle bereitgestellt. Allerdings zeigen die Entwicklungen der letzten Monate eine starke Zunahme der Bankaktivitäten im Bereich Web 2.0, vor allem bei Foren und Communitys. Versicherungen sind diesbezüglich nach wie vor sehr zurückhaltend.

Alle untersuchten Angebote nutzen einen Link oder Navigationspunkt „Kontakt“, um Kontaktmöglichkeiten des Benutzers zum Anbieter darzustellen. Diese Vereinheitlichung ist erfreulich, da sie die Nutzung unter­schiedlicher Webangebote vereinfacht. Aber leider nennen nur 41 % der Anbieter eine Emailadresse zur Kontaktaufnahme. Für die Benutzer ist die Angabe einer Emailadresse im Vergleich zum üblichen Kontaktformular (85 %) ein wesentlicher Vorteil, schließlich läuft die Kommunikation – wie jede andere Emailkommunikation auch – über das Emailprogramm des Benutzers. Die Organisationsmöglichkeiten des Programms (Speichern, Wiedervorlage, Weiterleiten) sind damit nutzbar – beim Kontaktformular leider nicht.

48 % nennen eine Briefadresse[1] – für die Kommunikation mit (potenziellen) Kunden ist das nicht ausreichend. Bei nur einem Drittel aller Anbieter wird eine Hausanschrift als Adresse angegeben und damit dem Kunden das Gefühl gegeben, in ganz dringenden Fällen den Anbieter (seine Zentrale) auch direkt physisch aufsuchen zu können.

Nur 15 % der Anbieter schaffen es, weniger als vier Telefonnummern anzugeben. Im Normalfall muss sich also der Benutzer zunächst die zu seinem Anliegen passende Telefonnummer heraussuchen. Damit wird die Last der Verteilung von Telefonanrufen auf den Kunden verlagert. Zum Vorteil für den Kunden wird eine solche Gestaltung, wenn die Zahl der zur Auswahl stehenden Telefonnummern etwa fünf nicht übersteigt und damit die sehr lästige computergestützte Themenabfrage zu Beginn des Telefonats entfällt.

Telefonische Hotlines sind in der Regel Montag bis Freitag von 8:00 bis 18:00 Uhr erreichbar. Drei Viertel der Anbieter können telefonisch bis 20:00 Uhr erreicht werden, 19 % sogar bis 22:00 Uhr, 22 % auch samstags von 8:00 bis 18:00 Uhr, noch 11 % ebenfalls sonntags von 8:00 bis 18:00 Uhr. Bei 11 % der Anbieter ist die Hotline kostenlos, die meisten Anbieterhotlines kosten 7-12 Cent pro Minute (48 %), 19 % der Hotlines kosten mehr als 24 Cent – insgesamt akzeptable Leistungen.

44 % der Anbieter bieten einen Rückruf an, nachdem auf der Website ein Rückrufwunsch eingegeben wurde (Callback). Viele Kunden schätzen es zurückgerufen zu werden, da sie dann nicht befürchten müssen, in Telefonwarteschlangen Zeit zu verlieren. Wichtig ist, dass Kunden nicht gezwungen werden, viele Angaben zu machen und die Möglichkeit haben, eine verbindliche Rückrufzeit zu nennen. Immerhin ein Drittel der Anbieter verspricht den Rückruf innerhalb von 20 Minuten und knapp ebenso viele verlangen nur die Angabe des Namens und der Telefonnummer.


[1] Bei allen Kontaktmöglichkeiten wurden Angaben im Impressum nicht berücksichtigt.