Kundenorientierung beim Online-Abschluss von Finanzprodukten – Eine Frage der Geschäftsprozesse

Der stetige Aufwärtstrend im Online-Banking in den letzten 15 Jahren setzt sich weiter fort. Für Banken, die von diesem Trend profitieren und neue Nutzergruppen für ihr Online-Angebot gewinnen wollen, ist Kundenorientierung im Online-Abschluss von Giro- und Tagesgeldkonten, Konsumentenkrediten etc. oberstes Gebot. Großes Potenzial wird verschenkt durch Verzögerungen und Abbrüche im Produktabschlussprozess und die nicht aktive Nutzung von Konten.

Wie kann also die Kundenorientierung beim Online-Abschluss von Finanzprodukten erhöht werden? Intuitiv verständliche und bedienbare Antragsstrecken sind wichtig für den Einstieg. Die eigentliche Herausforderung für die Kundenorientierung ist jedoch ein reibungsloser Ablauf nach Absenden des Antragsformulars durch den Kunden. Das kritische Hinterfragen der bankinternen Geschäftsprozesse aus Kundensicht fördert ungeahnte Verbesserungspotenziale zu Tage, die oft mit geringem Aufwand zu realisieren sind.

Folgende Leitfragen haben sich in der Praxis als zweckmäßige Ausgangspunkte erwiesen:

 

Ganzheitliche Prozessbetrachtung

Wie viele Abteilungen der Bank sind am Abschlussprozess beteiligt? Werden Änderungen im Abschlussprozess aus Gesamtprozesssicht betrachtet? Ist dem Produktabschlussprozess ein Process Owner zugewiesen?

Kunden sollten unbeachtet der internen Strukturen der Bank den Eindruck erhalten, Produkte aus einer Hand zu erhalten. Informationen, die der Kunde an die Bank weitergibt, sollten möglichst nur an einer Stelle abgefragt werden und allen Prozessbeteiligten zur richtigen Zeit zur Verfügung stehen. Bei Änderungen an einer Stelle eines Serviceprozesses sollte geprüft werden, ob diese an anderer Stelle die Kundenorientierung beeinträchtigen können.

 

Minimalismus im Schriftverkehr

Wie viele Angaben werden beim Kunden abgefragt? Wie viele Seiten umfasst der (papierhafte) Schriftverkehr beim Produktabschluss? Wie viele handschriftliche Angaben und Unterschriften muss der Kunde leisten?

Ein häufiger Grund für Verzögerungen beim Produktabschluss ist das Fehlen von Angaben oder Unterlagen im Schriftverkehr. Gründe dafür sind z. B. das Vergessen von Unterschriften bei umfangreichen Dokumenten, in denen viele Einzelunterschriften zu leisten sind. Es kann auch sein, dass der Kunde bestimmte Informationen nicht vorliegen hat und selbst aufwändig recherchieren muss oder unsicher ist bezüglich der Beantwortung. Beim Schriftverkehr mit dem Kunden gilt daher strenger Minimalismus. Jeder Informationsbedarf und jeder Kommunikationsschritt sollte genau auf seine Notwendigkeit überprüft werden, insbesondere wenn er papierhaft erfolgt. Die elektronische Signatur mit dem neuen Personalausweis bietet Kunden die Option, Produkte komplett papierlos im Internet abzuschließen.

 

Transparenz im Prozessfortschritt

Weiß die Bank zu jeder Zeit den genauen Bearbeitungsstand des Produktantrags? Kann sich der Kunde schnell und unkompliziert über den Prozessfortschritt informieren? Wird dem Kunden das Gefühl vermittelt, dass „alles nach Plan“ verläuft?

Länger andauernde Produktabschlussprozesse sind in vielen Fällen trotz aller Vereinfachung für den Kunden notwendig. Um den Kunden zu motivieren, die Schritte bis zum Abschluss mitzugehen und das Produkt insbesondere beim Giro- und Tagesgeldkonto auch zu nutzen, sollte beim Kunden der Eindruck der Selbstwirksamkeit erweckt werden. Das heißt, je mehr positives Feedback auf Kundenhandlungen gegeben wird, desto besser. Dies lässt sich z. B. durch elektronische Statusbenachrichtigungen beim Eingang von Unterlagen bewerkstelligen. Voraussetzung dafür ist eine möglichst automatisierte Verfolgung des Bearbeitungsstandes von Seiten der Bank.

Sabine Schmidt